Kastanie

Die Seele der Kastanie

Die Kastanie steht still
und kraftvoll.
Groß, breit, verlässlich –
wie ein alter Freund,
der sagt:
„Du kannst dich anlehnen.“

Ihre Blätter breiten sich weit aus,
wie offene Hände,
die Schatten spenden
und Raum halten.

Sie gehört zu jenen,
die bewahren.
Die nicht drängen,
sondern da sind –
voller Würde,
voller Herzkraft.

Die Kastanie trägt viele Gesichter.
Im Frühling öffnet sie sich
mit leuchtenden Kerzenblüten,
im Herbst legt sie
glänzende Früchte
in deine Hände –
als Erinnerung:
Wertvolles entsteht im Innern.

Sie sagt:

„Nimm dir Zeit, zu reifen.
Deine Kraft zeigt sich,
wenn du bereit bist.
Nicht früher. Nicht später.
Genau dann.“

In ihrer Gegenwart wird das Denken ruhiger,
der Körper schwerer,
die Seele still.

Die Kastanie schenkt Erdung,
aber keine Schwere.
Tiefe,
aber kein Dunkel.

Sie begleitet
durch Zeiten des Wachstums,
der inneren Sammlung,
der Reifung.

Und sie heilt –
auf leise, körpernahe Weise:
Sie stärkt die Venen,
lindert Schwere in den Beinen,
bringt Fluss ins Lymphsystem
und Kühle ins Entzündete.
Wie ein stilles Versprechen,
dass auch im Körper
wieder Leichtigkeit entstehen darf.

Die Kastanie begleitet Kinder beim Großwerden,
Alte beim Rückschauen,
Suchende beim Ankommen.
Ihr Wesen verbindet Generationen.

Und vielleicht sagt sie dir:

„Du trägst dein Licht in einer Hülle –
fest, glänzend, rund.
Behüte es.
Wähle weise,
wem du es zeigst.
Und wenn der Moment kommt –
öffne dich.
Ganz.
Und mit Herz.“

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